Herbst

Vor einigen Tagen las ich in einer Tageszeitung: „10 Tipps gegen den Herbstblues“. Herbstblues? Was ist das denn? Der Herbst ist eine tolle Jahreszeit! Endlich kühle Luft und klare Nächte, Parks und Wälder bringen Farbe ins Spiel. Den Herbst muss man einfach genießen – auch in Berlin.

Berliner Herbst
(Für Paul Graetz)

Denn, so um ‚m September rum,
denn kriejn se wacklije Beene –
die Fliejen nämlich. Denn rummeln se so
und machen sich janz kleene.
Nee –
fliejn wolln se nich mehr.

Wenn se schon so ankomm, ’n bisken benaut …
denn krabbeln se so anne Scheihm;
oda se summ noch ’n bisken laut,
aba mehrschtens lassen ses bleihm …
Nee –
fliejn wolln se nich mehr.

Wenn se denn kriechen, falln se beinah um.
Un denn wern se nochmal heita,
denn rappeln se sich ooch nochmal hoch,
un denn jehts noch ’n Sticksken weita –
Aba fliejn … fliejn wolln die nich mehr.

Die andan von Somma sind nu ooch nich mehr da.
Na, nu wissen se – nu is zu Ende.
Manche, mit so jelbe Eia an Bauch,
die brumm een so über de Hände …
A richtich fliejn wolln se nich mehr.

Na, und denn finnste se morjens frieh,
da liejen se denn so hinta
de Fenstern rum. Denn sind se dot.
Und wir jehn denn ooch in ’n Winta.
Wie alt bist du eijentlich –?

– »Ick? Achtunnfürzich.«
– »Kommst heut ahmt mit, nach unsan Lokal –?«
– »Allemal.«

Theobald Tiger (Kurt Tucholsky)
Die Weltbühne, 02.10.1928, Nr. 40, S. 529

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